Die Aufgaben der Wärmebehandlung sind klar und eindeutig:
Einstellen von Gebrauchseigenschaften
Einstellen von Verarbeitungseigenschaften
Beseitigung von Eigenspannungen
Beseitung einer Kaltverfestigung
Beseitigung von Seigerungen
Einstellen der vollen Wirksamkeit der Legierungselemente
Man stellt sich am besten immer die Frage “Was soll verändert werden?”. Die Festigekeit, Härte, Zähigkeit, Zerspanbarkeit oder Umformbarkeit . . . . Daraufhin wählt man das am besten passende Wärmebehandlungsverfahren aus. Diese können sein:
Normalglühen, Härten und Vergüten
Grobkornglühen
Weichglühen
Spannungsarmglühen
Rekristallisationsglühen
Diffusionsglühen
Lösungsglühen und Aushärten
Alle Verfahren laufen nach dem Grundprinzip erwärmen, halten und abkühlen ab (T-t-Regime). Man trifft die Wahl der Anlage, Aufheizgeschwindigkeit, Haltezeit und -temperatur, Atmosphäre, Abkühlgeschwindigkeit und -medium. Die Probengröße hat wesentlichen Einfluss auf die Haltezeit.
thermisch dickes Material –> große Temperaturunterschiede zwischen Rand und Kern
thermisch dünnes Material –> kaum Temperaturunterschiede zwischen Rand und Kern
Die Grundlage für alle Glühverfahren des Stahls bildet das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm. Die Erwärmung und Abkühlung laufen dabei gleichgewichtsnah ab. Je nach gewählten Glühverfahren findet dabei die Wärmebehandlung in einem bestimmten Temperaturfenster statt.
Das Diffusionsglühen findet bei Temperaturen von 1050 – 1300°C und langen Haltezeiten bis 50h statt. Die Abkühlung erfolgt langsam.
Es sollen Konzentrationsunterschiede ausgeglichen werden und versprödend wirkende Phasen aufgelöst werden. Dabei ist jedaoch darauf zu achten, dass kein Kornwachstum stattfindet und die Verzunderung/Entkohlung in Grenzen gehalten wird.
Spannungsarmglühen
Das Spannungsarmglühen findet bei Temperaturen unterhalb von Ac1 statt, genauer bei 450 – 650°C und langen Haltezeiten von 1 bis 2h. Die Erwärmung und Abkühlung erfolgt sehr langsam.
Es sollen innere Spannungen (Eigenspannungen) abgebaut werden. Dabei steht gleichzeitig die Forderung nach keiner Gefügeveränderung und keine Beeinflussung der übrigen Werkstoffeigenschaften. Dies ist aber nur möglich wenn eine gleichmäßige Temperaturverteilung im Werkstück vorherrscht. Ebenfalls ist ein vollständiger Spannungsabbau nie möglich, es bleiben immer Restspannungen vorhanden.
Rekristallisationsglühen
Das Rekristallisationsglühen findet bei Temperaturen unterhalb von Ac1 und oberhalb der Rekristallisationstemperatur eines Werkstoffes statt, genauer bei 400 – 700°C. Die Haltezeit ist abhängig von der gewählten Temperatur, sie kann wenige Minuten bis mehrere Stunden betragen. Die Abkühlung erfolgt langsam. Einen Abschätzung der Rekristallistationstemperatur kann mit getroffen werden.
Das Hauptziel ist die Beseitigung von Verfestigungen durch Kaltumformungen. Die plastische Verformbarkeit eines Werkstoffes kann dadurch wieder hergestellt werden –> Duktilität nimmt zu! Ebenfalls ist es möglich die Korngröße über den Umformgrad vor der Rekristallisation einzustellen.
Schritte der Rekristallisation:
Ausgangszustand ist ein kaltverformter Zustand mit erhöhter Versetzungsdichte
Kristallerholung
Keimbildung
Keimwachstum
vollständige Rekristallisation
Kornwachstum
Sekundärrekristallisation (unerwünscht da ungleichmäßige Zunahme der Kirstallitgröße)
Grobkornglühen
Das Grobkornglühen findet bei Temperaturen von mindestens 150 K oberhalb von Ac3 statt. Die Haltezeit ist abhängig von der Glühtemperatur, sie beträgt in der Regel aber mehrere Stunden. Die Abkühlung erfolgt langsam bei Kohlenstoffreichen Stählen. Je langsamer das abkühlen stattfindet, desto gröber wird das Ferritkorn –> Ofenabkühlung ist optimal für hohe Korngrößen.
Das Hauptziel ist wie der Name des Verfahrens schon sagt eine Vergröberung des Gefüges. Es wird durchgeführt um günstige Zerspanungseigenschaften für untereutektoide Stähle einzustellen. Ebenfalls wird die Oberflächengüte und Maßgenauigkeit verbessert beim Spanen.
Stähle die Ausscheidungen besitzen sind bedingt für das Grobkornglühen geeignet, da Ausscheidungen das Kornwachstum behindern!
Weichglühen / Glühen auf kugelige Karbide
Der Temperaturbereich beim Weichglühen / Glühen auf kugelige Karbide ist in 2 Bereiche unterteilt:
untereutektoide Stähle dicht unterhalb Ac1
übereutektoide Stähle Pendelglühen um Ac1
Die Haltezeiten betragen bis 100 h und Abkühlung erfolgt langsam. Das Weichglühen wird durchgeführt um Karbide einzuformen und dadurch einen optimalen Ausgangszustand für eine spanlose / spannende Weiterverarbeitung zu gewährleisten. Durch die gleichmäßige Verteilung der Karbide ist dies ebenfalls ein optimaler Ausgangszustand für das Härten.
Normalglühen
Der Temperaturbereich beim Normalglühen ist ebenfalls in 2 Bereiche unterteilt:
untereutektoide Stähle 30 – 50 K oberhalb Ac3 , legierte Stähle aber 50 – 100 K oberhalb Ac3
übereutektoide Stähle 30 – 50 K oberhalb Ac1
Es soll ein gleichmäßiges, globulitisches und feinkörniges Gefüge eingestellt werden. Ebenfalls werden Vorbehandlungszustände beseitigt und ein Vergleichsgefüge zur Werkstoffcharakterisierung eingestellt.
Haltezeitempfehlung: t = [ 20 + halber Durchmesser in mm ] min
Die Abkühlung muss der Werkstoffcharakteristik angepasst werden. Unlegierte Stähle werden Luftabgekühlt und legierte Stähle Ofenabgekühlt.